Prof. Dr. Josef Rauscher


HS: Platons Mythen

Mo: 14-16;
P 104
Beginn: 18.4.2011

Kommentar:

Obwohl keineswegs klar ist, wie genau Platons Stellung zum Mythos aussieht und wie sie zu bestimmen wäre, ja nicht einmal was in einer solchen Stellung zum Mythos auf dem Spiel steht, da sich keine klare Begriffsverwendung von ‚Mythos‘ aus Platons Werken herauslesen läßt, gibt es doch eine hinreichend klare Übereinkunft darüber, was mit dem Etikett ‚Platons Mythen‘ angezeigt ist. Die platonischen Mythen sind bildstarke, erzählerische Abschnitte in den platonischen Dialogen, in denen Platon jenseits von sokratischer Prüfung (Elenchos) und dialektischer Strukturanalyse im Grunde Undarstellbares und Ungesichertes zur Darstellung bringt. Da die ursprüngliche Synonymität von Logos und Mythos als Rede bei Platon bereits in die antagonistische Gegenstellung übergegangen war, mit der Aufwertung des Logos zur sich begründungsverpflichtet begreifenden Rede und entsprechender Abwertung des Mythos als ungegründet wirkungsorientierter Bild-Rede, gibt die prominente Rolle, die bei Platon Mythen und mythische Figurationen spielen, Anlaß zu prüfender Analyse und methodischer Reflexion, zumal Platon selbst ja ein philosophisch-analytisches Gegenprogramm zur Mythenverpflichtetheit entwirft und gleichwohl den Mythos theoretisch und praktisch legitimiert.
Das Seminar setzt sich zum Ziel die wichtigsten Mythen und mythischen Gleichnisse, die Platon benutzt bzw. entwirft, sowie einige der Stellen, an denen Platon auf Mythos und mythologein reflektiert und selbst den Status der mythischen Rede zu bestimmen sucht, zusammenzuführen, um zu einer ersten Einschätzung bezüglich des systematischen Stellenwerts der Mythen zu gelangen.

Dies bedeutet, daß eine ganze Reihe von unterschiedlichen Dialogen Platons auszugsweise bearbeitet werden müssen, zumal die mythologisch grundierten Gleichnisse mit in Betracht gezogen werden sollen. Man stützt sich daher als Textbasis am besten auf eine Gesamtausgabe von Platon wie: Platon Werke in 8 Bdn., gr.-dt., hg. v. G. Eigler, Darmstadt: WBG, 1971- 1977, die auch in einer günstigen Paperbackausgabe vorliegt.

Eine Orientierung über das Programm vermag Kytzler, Bernhard (<1997>; 2009) Platon. Das Höhlengleichnis. Sämtliche Mythen und Gleichnisse. Frankft.a.M.: Insel (it 3428) zu geben, eine gute Sammlung der Textstellen mit halbwegs brauchbaren Vorbemerkungen; also keine Fokussierung auf das Höhlengleichnis. Ich hatte in Erwägung gezogen, dieses Buch als Seminartextgrundlage zu verwenden, und ersatzweise zur Gesamtausgabe Platon taugt es dafür auch, wenn man die mythenreflexiven Stellen bei Platon und die Einbettung der Mythen ins jeweilige Werk nacharbeitet. Lediglich meine Skepsis gegenüber und mein Unbehagen angesichts der Flut von zwangsläufig reduktiven Textsammlungen zu allem Möglichen, die bereitwillig jenem von unserer Studienreform übermäßig geforderten und beförderten Readers-Digest-Zugang zur Philosophie Vorschub leisten, hielt mich davon ab.