Aristotelespoetik 

Ergänzende Angaben zum Inhalt, zur Struktur und bibliographische Hinweise 

(Materialien zur Vorlesung: Grundprobleme einer Philosophie der Kunst). 

Die Literaturangaben sollen keine systematische Erschließung leisten. Ich biete eine Auswahl, damit gelegentliche Literaturverweise nicht ins Leere führen.

Literatur:

1) Referenzausgabe der Poetik mit Seitenverweisen (RUB):

Aristoteles Poetik, gr.-dt., übers. u. hrsg. von M. Fuhrmann, Stuttgart: Reclam, 1982 (= RUB 7828) <=Textgrundlage>

cf. für weitere Ausg. UEBERWEG Antike Bd.3 Flashar (Hg) (83):208ff. <dort auch generelle Hinweise zur Literatur; der UEBERWEG ist das Standardwerk der Philosophiegeschichtsschreibung>

 

2) Hinweise auf den historischen Kontext und andere Aristotelesschriften:

Die Gegenstellung Gorgias <--> Platon:

Gorgias von Leontinoi <Ausgabe (gr.- dt.): Reden und Fragmente ..., hg. Von Th. Buchheim, Hamburg, 1989. (Helenarede) = Frg. 11; cf. auch Frg. 15, 16 und Frg. 23: - Macht der Sinnlichkeit und äußere Redeform ;

Platon, Politeia,  3.Bu. (392cff); 10.Bu.(595bff); cf. auch (in unterschiedlichenr Marginalität): Nomoi (Gesetze); Sophistes, Phaidros, Ion, Symposion – Verwerfung der Dichtung (und Rhetorik) als Mimesis der Phänomenwelt und Gegenmodell einer Orientierung am Göttlichen

 

Aristoteles auf Seiten Platons mit gewissen Anleihen bei Gorgias, auch wenn Aristoteles die Aufwertung der Sinnlichkeit nicht mit Gorgias gegen Platon erarbeitet.

Das unmittelbare Poetikumfeld aristotelischer Schriften:

Aristoteles Rhetorik

Aristoteles Politik

Aristoteles De Poetis (nicht erhaltener Dialog) cf. UEBERWEG Bd.3

Aristoteles Nikomachische Ethik

 

3) Einiges an Sekundärliteratur:

Davis, M. (92) Aristotle`s `Poetics`. The Poetry of Philosophy. <betont den Zusammenhang mit der allgemeinen Struktur menschlichen Handelns und die Bezogenheit auf das menschli­che Erkennen – daraus folgt Verbindung zu Politik und Ethik>

Fuhrmann, M. (73;292) Dichtungstheorie der Antike. Aristoteles-Horaz-`Longin`. Darmstadt <ausgezeichnete, einfach zu lesende und doch anspruchsvolle Darstellung, die auch vom Umfang her zu bewältigen ist>

Girnus, W. (69;72) "Zweitausend Jahre Verfälschung der aristotelischen Poe­tik" In: ders. Zur `Ästhetik` von Georg Lukács. Ffm., p.51-67. <polemische Erörterung, so kräftig parteisch (marxistisch), daß es fast ein Vergnügen ist>

Halliwell, St. (86) Aristotle's Poetics. London. <ausgezeichnet für eine Grundorientierung>

House,H. (56;78) Aristotle's Poetics. Ed. by C. Hardie. Westport. <Vorlesungen, die sich über allgemeine Anmerkungen zu Aristoteles, zu seiner Poetik, seinem Verhältnis zu Platon usw. zu einer Darstellung gattungspoetischer Grundfragen in philosophischer Perspektive, wie Einheit der Handlung; Wahrscheinlichkeit; Charakter; Angemessenheit; Katharsis und Rolle des Vergnügens, entfaltet. Etliche Probleme bleiben völlig ausgeklammert (z.B. das der Textkon­stitution, des normativen Charakters etc.). Doch das Buch ist einfach zu lesen und führt gut in die vieldiskutierten Spezialfragen ein, ohne auf Spezialliteratur abzuheben>

Kommerell.M. (40) Lessing und Aristoteles. Untersuchungen über die Theorie der Tragödie. Ffm. <Standardwerk - Wirkungsgeschichte>

Pohlenz, (20;65) "Die Anfänge der griechischen Poetik" In: ders. Kleine Schriften. Hrsg. v. H.Dörrie, Hildesheim, p.436-472.

---.--(56;65) "Furcht und Mitleid. Ein Nachwort" A.a.O.,p.562-587. <zu Schadewaldt (55)>

Rorty, Amelie O. (91) "The Psychology of Aristotle`s Poetics" In: Essays on Aristotle's Poetics. Princeton.

Schadewaldt (55) "Furcht und Mitleid? " In: Hermes 83:129-171.

Schütrumpf,E. (70) Die Bedeutung des Wortes 'ethos' in der Poetik des Aristoteles. München.

Söffing, W. (85) Deskriptive und normative Bestimmungen in der Poetik des Aristoteles. Amsterdam. <Spezieller Focus, doch erhellend. Der Hinweis auf die Zweiteilung der norma­tiven Schicht in (1) Postulate, die jede gelungene Tragödie erfüllen muß und (2) Normen für die 'schönste Tragödie', deutet ein generelles Wertproblem der Ästhetik an>.

Solmsen,F. (35) <nimmt zwei Schichten der Poetik an: a) platonisch orientiert; b) isolierte Passa­gen, die Überarbeitung darstellen. Von Flashar (83):252 als subjektiv kritisiert>.

Tomberg, F. (68) Mimesis der Praxis und abstrakte Kunst. Neuwied.

 

Eine Grobgliederung der Poetik ( cf. auch Fuhrmann)

(mit Anmerkungen: gesternte Begriffe* habe ich erläutert, kommentiert oder problematisiert)

I Im Allgemeinen Teil (Kap. 1-5) lassen sich

1)     Systematische und methodologische Grundlegung in den Kapiteln 1-3 von einer

2)      anthropologisch- entwicklungstheoretischen Genese in den Kapiteln 4-5 unterscheiden.

Aristoteles bringt sowohl Beispielaufzählungen der Gattungen als auch Parameter an hand derer sich die Gattungen über Mittel; Gegenstand und Art und Weise als Arten der Nachahmung klassifizieren lassen. Beispielhaft benennt A. Epik; Tragödie; Komödie; neben Dithyrambos; Flöten-Zitherspiel und Tanz.

Poiesis:= Nachahmung (Darstellung) von Handlungen - als eine Art Ergebnis der naturge­mäßen Klassifikation. Schlüsselbegriff Mimesis.

Zu beachten: die Distanzierung des Aristoteles von der Bestimmung der Dichtung über formale Kennzeichen wie das Metrum (Gegenposition zu Gorgias!)

In der anthropologisch-entwicklungsgeschichtlichen Skizze der Kap. 4-5, wird Mimesis als ein Anthropinon, verstanden, was das Vergnügen an Nachahmungen erklärt und eine zwanglose Verknüpfung mit der intellektuellen Lust an Erkenntnis ermöglicht.

Differenz des ontologischen Status zwischen Dichtung und Wirklichkeit wird eingefordert und dient als natürliche Erklärung für das Vergnügen an Inakzeptablem.

Mit Handlungen von allgemeiner Bedeutung kommt die Kunst in unserem Sinne zu sich und bei Aristoteles die Tragödie zu ihrer naturgemäßen Entwicklung.

II Tragödie              Kap.6-22

1) Definition und 'qualitative Teile'     Kap. 6 - Abwertung des Sinnlichen an der Reihung der qualitativen Teile erkennbar: Mythos; Charaktere; Erkenntnis; Sprache; <Melodik; Inszenierung> - letztere  nicht konstitutiv.

Katharsis* und Affektenlehre werden in die Definition eingebaut;  auch dieses psychologische Moment zielt auf den Zusammenhang mit Handlung(sfähigkeit) und Lebenswirklichkeit --> Ziel-Ethik

Katharsis bedeutet a) Reinigung der und kann gelesen werden b) als Reinigung von den Leidenschaften. Katharsis ist ein Schlüsselbegriff der aristotelischen Poetik, obwohl er nur an dieser einen Stelle (6.Kap) vorkommt (allerdings auch in der Politik). Zur generellen Problematik: "Kitsch parodiert Katharsis" (Adorno ÄT:355 zur (falschen) Er- Auf- Lösung im Falschen).

Mythos (Plot; Handlung; Fabel): "Seele der Tragödie" – das Wichtigste von allem.

Mythos:= a) Nachahmung von Handlung – diese Grundbestimmung von Mythos, wird         begleitet von der Explikation des Begriffs Mythos als 

b) ‚Zusammensetzung der Geschehnisse‘ (6.Kap. (19)).

Mythos kennzeichnet daher  insgesamt eine Handlungsdimension, die auf eine mögliche (Außen-) Welt verweist (Modellcharakter) und betont gleichzeitig die Innenorganisation (Nachahmung/ Darstellung) des bedeutungsvollen Strukturgefüges. Ersteres berührt mehr die philosophische Dimension, letzteres die poetologische. 

Daneben kommt Mythos (äquivok) als Wirklichkeitslieferant im Sinne der mythischen Erzählungen vor. (eine Übersicht zu versch. Lesarten v. M. bei Kommerell (40;584):133f).

2) Handlungsaufbau (entsprechend der Bedeutung von Mythos*) Kap.  7-14

Die Einheit der Nachahmung beruht auf Einheit des Gegenstandes also eines Handlungsgefüges in einem Sinnzusammenhang. Anmerkungen zu Proportion als Verhältnis der Teile zum Ganzen und der Ordnungskomposition.

a) Ganzheit, Ausdehnung, Einheit  Kap. 7/8  

Ein Ganzes hat einen Anfang, eine Mitte und einen Schluß, wie A. klassisch bestimmt. Entscheidend sowohl in Bezug auf  Größe wie Anordnung immer: Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit. Rationale Konstruktion.

b) Wirklichkeitsbezug       Kap.9f     Philosophie-Dichtung*

von (platter) Empirie und (bedeutsamer) Allgemeinheit handelt A. hier als Gegensatz zwischen Geschichtsschreibung und Poetik.       

Das 9. Kapitel ist in philosophischer Hinsicht hochbedeutsam: Dichtung ist philosophisch!

Das Verhältnis von Geschichtsschreibung und Dichtung (Kap.9), wie es A. wiederholt (cf. Kap.9 u.23) charakterisiert, trifft vielleicht nicht ganz die Situation der Geschichtsschreibung, da den narrativen Momente einer Geschichte (Historie), die in Geschichten erzählt wird (cf. praktisch Herodot und theoretisch Ricoeur), nicht Rechnung getragen wird. Doch die Grundgegenstellung von reiner Sachverhalts- oder Ereignismenge und geordnetem Strukturgefüge ist zeigend.

Dichtung ist deshalb philosophischer als Geschichtsschreibung, weil in der Differenz des Möglichkeitsraums zum zufälligen Wirklichkeits-(Realisierungs-)raum (cf. Type-Token Unterscheidung) die Allgemeinheit immer die Ermöglichung des Besonderen umfasst. Dies markiert genau den qualitativen Sprung zwischen Beschreibung (des Besonderen) und Erklärung (via Allgemeines). In der Dichtung wirken die Prinzipien von Theorie nach: Geordnetheit; Einheit als Bedeutung des Strukturganzen und aller Teile gemäß Notwendigkeit und Wahrscheinlichkeit und Einfachheit.  Die konkrete Wirkung und Bewirkung des philosophischen Ziels wird allerdings in spezifischer die Affekte berührender Weise geleistet. Bedeutung und Sinnlichkeit. Dazu wäre viel zu sagen, doch im (vor-)gegebenen Zusammenhang der Vorlesung geht es zunächst nur um die Korrektur des platonischen Verdikts über Dichtung und den Hinweis auf die in der und mit der Kunst (der Tragödie) gegebene Differenz zwischen Bedeutungsdimension und kontingentem Einzelfall.     

Der von mir vernachlässigte poetologisch bedeutsame Stoff:

c) Wendepunkte der Handlung      Kap. 11     Peripetie-Anagnorisis dramentechnisch wichtige Bestandteile gelungener Plotkonstruktion; diese Binnenperspektive berührt die Grundfrage der Ästhetik allerdings nur marginal.

d) 'quantitative' Teile (Ausdehnung: Prolog, Episode, Exodus und Chorlied) Kap. 12weder für Aristoteles noch uns übermäßig bedeutsam.

e) Personenbeschaffenheit und Handlungserfordernis erzwingt Fehler;

poetische Gerechtigkeit; Kap. 13  tragischer Held, und ein schlimmes Ende – für die Tragödie zentral, für die Kunstfrage im Grund irrelevant

f) Furchtbar und bejammernswert,  mit und ohne Einsicht     Kap. 14          

Aristoteles bestimmt  die beste Tragödie? - Iphigenie??

Damit und danach kommt Aristoteles vom Kern der Sache (Handlungsaufbau) zum Rest: als erstes zu den 3) Charakteren   Kap. 15 (zweitwichtigster qualitativer Aspekt): Tüchtigkeit und noch mehr (4 Merkmale) fordert A. und erinnert sogleich an Notwendigkeit und Wahrscheinlichkeit.

Doch danach sofort (Peripetie – ein Scherz!) eine Rückwendung:

<4) Ergänzungen zu 2), (woran mit gutem Grund des Meisters Herz, wie ja auch das der Dichtkunst hängt: Mythos)

 Kap. 16-18  Handeln  und  Erkennen

            a) Wiedererkennung (Anagnorisis)

               Wiederholung zu 2c) Kap.11    ~ = Kap. 16

            b) Wirklichkeitsbezug von Handlung und

               Charakter Wiederholung zu 2b) Kap.9 ~ = Kap. 17

            c) Handlungsverknüpfung -und Lösung

               Wiederholung zu 2b) Kap.10       ~  = Kap.18>

Doch bevor wir dann in der aristotelischen Rückwendung die philosophisch bedeutsamen Kap. 6, 4 und 1 erreichen, doch eine erneute Richtungsänderung und Fortführung der – und mit der  5) Gedankenführung       Kap. 19  (immerhin an dritter Stelle der qualitativen Teile)

6) Sprachliche Form - zwischen Grammatik und Stilistik – Kap.  20-22

Im Grunde ein ziemlich sachfremder Exkurs zu grammatischen Grundfragen.

Da Melodik und Inszenierung – die verbleibenden qualitativen Teile, gar nicht konstitutiv sind, behandelt sie Aristoteles auch nicht in eigenen Abschnitten. Stattdessen:

III Epos    Kap.23-26 – ein gelungener Schlußpunkt (weshalb das Fehlen der Komödie wirklich nicht ins Gewicht fällt).

Das Epos ist: 1) Ein ähnliches 'Lebewesen' wie die Tragödie Kap. 23

2) Vom Unterschied in Ausdehnung und Versmaß gelangt Aristoteles zum hohen Stil und zum Wunderbaren*            Kap.  24

<3) Homerische Probleme und Verhältnis der Dichtung zur Politik      Kap. 25

<4) Ein Rangvergleich von Epos und Tragödie   Kap. 26

Die philosophisch gewichtigen Brocken: 1, 2, 4, 6, 7, *9, (14), (15), 25. Poetologisch sind neben 1 und 6 sicher 11, 13, 15, 18 und 24 Zentralkapitel, ja man kann Fuhrmann (RUB: 149) durchaus folgen, wenn er Kap.13 - der tragische Held und sein gleichnamiger Fehler - als das innerste Orientierungszentrum der Poetik versteht.

Problematisierung und Erinnerung:

Das (1) mimesisorientierte (Darstellung/ Nachahmung) Konzept des Aristoteles in seiner Ausrichtung auf Handlung liefert eine ganz spezielle Palette, in der in der Poetik für Lyrik beispielsweise kaum ein Platz zu sein scheint.

Die Gorgiasdefinition der Poetik: 'gebundene Rede' (Helenafrg.), die man in systematischer Hinsicht ausweiten könnte auf (2) Formung des Sprachmaterials (Gorgias ist Begründer der griechischen Kunstprosa), bietet eine andere Grundorientierung, die Aristoteles explizit zu­rückweist (1.Kap. (7) 1447b14ff): ein gereimtes Sachbuch ist keine Poesie.

Aus einer weiteren Gegenstellung (3): "Die aus dem Innersten quellende Poesie, die das Ich befreiende subjektive Lyrik hat freilich auch er (Gorgias wie Aristoteles) nicht gewürdigt" (Pohlenz (20;65):471), läßt sich ex negativo bei Aristoteles das Grundanliegen eines welt- und praxisorientierten Erkenntnisgewinns, gekoppelt mit der Verbesserung der Handlungsfähig­keit ableiten. Modellcharakter (Allgemeines vor Besonderem), die Lenkung des Blicks auf die Handlungsdimension und damit das Ziel gelingenden Lebens (cf. 6.Kap. (21) 1450a16ff.) fügen sich in dieser Weise zusam­men  und die Bestimmung der Katharsis passt (paradoxerweise in beiden Lesarten). 

Für einen Blick auf Kunst im allgemeinen, kann man nicht einfach die (aristotelische) Poetik bemühen, das zeigt sich auch an der Kategorie des Wunderbaren bei Aristoteles: 

Wunderbar - wunderbar? - am liebsten hätte Aristoteles das Wunderbare wohl doch ins Märchen verbannt, aber schließlich (Kap.24 (83) 1460a12ff ) ordnet er es dem nachrangigen (cf.Kap.26) Epos zu und räumte ein, daß es irgendetwas mit dem schrecklich kathartischen Vergnügen (83: das Wunderbare bereitet Vergnügen und 33: Schauder und Jammer hängen am unerwarteten Wunderbaren) der Tragödie zu tun hat.

Beachte, daß für den intellektualistischen Ansatz des A. das Wunderbare am Wunderbaren (thaumaston) letztlich nicht das Ungereimte (alogon) sein kann, das er zwar als Hauptquelle des Wunderbaren kennzeichnet (83), aber praktisch im gleichen Atemzug (85) 'am besten überhaupt nicht' enthalten wissen will. So betont er den höheren Logos der Folgerichtigkeit hinter der eine Absicht zu stecken scheint (cf. Mitys-Statue, p.33).

Doch im Kap.24 springt er über den platonischen Schatten und schlägt sich auf die Seite des Sophisten Gorgias, wenn er konstatiert: "Das Unmögliche, das wahrscheinlich ist, verdient den Vorzug vor dem Möglichen, das un­glaubwürdig ist." freilich nicht ohne zu schließen: "allzu blendende Sprache verdunkelt die Charaktere und die Gedankenführung." – Dies ist eine Anmerkung zum Wechsel- und Gegenverhältnis von Dichtkunst und Staatskunst, deren ‚Richtigkeit nicht gleich beschaffen ist’.

All dies hängt wohl mit dem komplizierten Verhältnis von Platon - Aristoteles zusammen und den Zwängen, die manche Ansprüche (Pla­ton) einem auferlegen: (cf. zum folgenden Schema House (56;78):27; insgesamt Platon, Politeia 3. bzw. 10.Buch: 386a-403c und 595a-608c)

Platonische Prämissen:

1) Dichtung ist Mimesis

2)  "      löst Affekte aus

3)  "      verursacht Vergnügen

4)  "  hat Rückwirkung auf gesamte Persönlichkeit

__________________________________________________________________

Daraus schließt Platon: A) Dichtung ist zumindest bedenklich für die richtige Lebensführung (im Staat).

Aristoteles teilt die Prämissen 1-4), nimmt dazu

5)  Wissen um die ontologische Differenz von Mimesis und Realität (Grundlage für Vergnügen und Erkenntnis)

6) Tragödie bewirkt Reinigung (Katharsis) von Leidenschaften und betont

7) Dichtung hat Modellcharakter  (Allgemeinheit, Struktur und Ziel)

_________________________________________________________________

und schließt: B) Dichtung befördert richtige Lebensorientierung (Praxis), wenn sie naturgemäß operiert.

Eine gewisse, verwunderte Bestätigung kann man bei Wittgenstein finden: "Sieh es nicht als selbstverständlich an, sondern als ein merkwürdiges Faktum, daß uns Bilder und erdichtete Erzählungen Vergnügen bereiten; unseren Geist beschäftigen." (PU §524)

Als Metatheorie, die zugleich einen Instantiierungsfall aristotelischen Dramas bereitstellt, empfehle ich den Film Play it again, Sam! nach dessen Besuch Davis ((92):xviii) schrieb: "All human action is always already an imitation of action" und Amelie Oxenberg-Rorty feststellte: "Die Rolle der Entwicklung von Vorstellungskraft - besonders anhand der Literatur und des Dramas - muß, ..., als zentral angesehen werden für die Entwicklung moralischer Sensibilität". 
So einfach ist es freilich nicht mit dem Verhältnis von Ethik und Ästhetik.

 


Wenn Sie wollen, können Sie den Text auch als pdf-Datei herunterladen.